Start-ups & GründerInnen – was geht?
Mit der Tür ins Haus: Im Jahr 2018 gab es ein Gewerbeanmeldungssaldo von 451 in Mainfranken! Das sind allerdings 123 weniger als im Vorjahr, nachzulesen im Gründeratlas Mainfranken, herausgegeben von der IHK Würzburg-Schweinfurt. Das deckt sich mit den Ergebnissen des KfW-Gründungsmonitors, demzufolge Gründungen in ganz Deutschland leicht abgenommen haben. In absoluten Zahlen heißt das, es haben „10.000 Personen weniger eine neue, beruflich selbstständige Tätigkeit begonnen“, in Prozent liegt die sog. Gründerquote, der Anteil der Existenzgründerinnen und -gründer an der Erwerbsbevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren, bei 1,06 %, was sich in etwa mit den Erhebungen des Vorjahres deckt. „Gemessen an der Anzahl der Bevölkerung kommen in Mainfranken auf 1.000 Einwohner rund 7,4 Gründungen“ (S. 35 Gründeratlas). [Anm. d. Red.: Da uns nicht bekannt ist, wie hoch die Erwerbstätigenquote in ganz Mainfranken ist, kann die Gründerquote von uns hier nicht berechnet werden].
Im Mainfranken werden laut Gründeratlas in den Teilregionen Schweinfurt Stadt, Landkreis Haßberge und Rhön-Grabfeld am wenigsten Gewerbeanmeldungen verzeichnet (S. 23 Gründeratlas). Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den letzten zehn Jahren die Stadt Würzburg zusammen mit dem Landkreis Bad Kissingen das geringste Gründungswachstum aufweisen. (S. 26 Gründeratlas)
Interessant ist, dass es durchaus zahlreiche Gründungsinteressierte in den entsprechenden Veranstaltungen der IHKs gibt, zum konkreten persönlichen Einstiegsgespräch käme es allerdings weniger häufig. (S. 9, Gründerreport).
Wollt ihr euch in Mainfranken als Gründungsinteressierte oder NeugründerInnen beraten lassen? Dann schaut in einem der vielen Gründerzentren der Region vorbei!
Gründungsmotivation: Chance & Not
Persönliche Beweggründe
Den Traum vom Selbstständigsein, der freien Zeiteinteilung, der Unabhängigkeit, haben wohl viele schon geträumt; und wahr gemacht. Für sich selbst zu arbeiten, sich nur um das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung zu kümmern, sein „Baby“ weiterzuentwickeln, das ist sicher eine besondere Erfahrung. Blickt ein Gründer dann auf überstandene Durstrecken in den gefürchteten „Tälern der Tränen“ zurück und lernt aus „erfolgreich“ gemeisterten ‚Fuck Ups‘, trägt das sicher zu seiner Persönlichkeitsentwicklung bei. Egal, was aus dem Start-up werden sollte, ein Wissenszugewinn in Sachen Unternehmertum, Betriebswirtschaft, rechtlichen Aspekten, ist allen sicher. Der Deutsche Startup Monitor zeigt auf: 87,7% der Gründerinnen und Gründer sind zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrem Leben (S. 35, DSM).
Die konkrete Motivation hinter den meisten Gründungen ist eine Chance, also eine günstige Gelegenheit für eine Geschäftsidee. 70 % waren 2018 sog. ChancengründerInnen (S. 4 KfW-Monitor); 27 % sind getrieben von einer eher desillusionierenden Motivation: Dem Mangel an besseren Erwerbsalternativen; sie werden daher auch ‚Notgründungen‘ genannt. Doch beiden, den Chancen- und den NotgründerInnen, gemeinsam ist die Unabhängigkeit als persönliches Ziel der Gründung, gefolgt vom Wunsch nach höherem Einkommen.
Impact auf Wirtschaft und Gesellschaft
Viel ‚Gründergeist‘ verbreitet Aufbruchsstimmung in der Gesellschaft. Sieht man von der Gesamtbevölkerung als Makrokosmos in den Mikrokosmos der Gründerzentren, -zusammenkünfte und Coworking-Spaces, ist das vielleicht leichter nachzuempfinden: Man redet über eigene Probleme, Erfolge, Strategien und gibt dadurch anderen Ideen und Inspiration, es entstehen Kooperationen und oft kann man in Workshops und Teeküchen-Plaudereien das mit einem neuen Beginn verbundene Adrenalin im Körper spüren. Übertragt man dieses Phänomen wiederum auf eine ganze Gesellschaft, würden diese Vibes dort sicher viel Gutes tun.
Ganz davon abgesehen davon profitiert die Wirtschaft, regional und national, immens von Start-ups und Gründungen, von Innovation, Fortschritt und Wachstum. Existenzgründungen „schaffen nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern fördern auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und halten die Soziale Marktwirtschaft fit“, schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Rund 481.000 Vollzeitbeschäftigungen werden so jährlich durch Neugründungen geschaffen (S. 6 KfW-Monitor). Bayern liegt im Bundeslandranking der Gründungstätigkeit stabil auf Platz 4 hinter Berlin, Hamburg und Brandenburg. (S. 5 KfW-Monitor)
Chancenreiche Branchen
Bundesweit stehen drei Schlagworte ganz oben auf der Gründungs- und Start-up-Liste: Innovativität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die Branche Informations- und Kommunikationstechnologie, innerhalb derer „vorwiegend digitale Geschäftsmodelle verfolgt werden“, steht in Deutschland an der Spitze (S. 27, S. 32 DSM) und digitale Geschäftsmodelle wiederum machen zwei Drittel der untersuchten Start-ups aus (S. 28, DSM).
In Mainfranken liegt der Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie bei 70 % Gründungswachstum, übertroffen noch von „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“ mit 80 %. (S. 21, Gründeratlas). Besonders spannend sind aber die drei nachfolgenden Dienstleistungsbereiche „Kunst, Unterhaltung und Erholung“ (42 %), „Freiberufliche wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“ (41 %), „Erziehung und Unterricht“ (37 %).
4 % Frauen in Start-ups: Ende des Boys Club?
Jedes Jahr wird ein wenig gejubelt, wenn Statistiken zeigen, dass prozentual wieder mehr Frauen gegründet haben. Diesmal 4 % (S. 1 KfW) Zuwachs im Vorjahresvergleich, 15,7 % der Start-up-GründerInnen sind weiblich (S. 31 DSM), wohingegen sie unter den Selbstständigen 40 % erreichen.
Aus der Region Mainfranken liegen uns keine Vergleichszahlen vor. Im IHK Gründeratlas werden im Appendix hauseigene Veranstaltungen spezifisch für die weibliche Klientel bekannt gegeben („BusinessClass – Netzwerk für Frauen“ und die Themenwoche „GRÜNDEN IST auch WEIBLICH“ , S. 53 Gründeratlas), andere Erhebungen zum Thema scheint es nicht zu geben.
Warum tendenziell weniger Frauen gründen, wird vielerorts erörtert und diskutiert. Es mag an klassischen Rollenbildern liegen, die potentielle InvestorInnen tradieren oder auch die GründerInnen selbst, die sich häufig unter Wert verkaufen, u. a. weil sie das oft auch müssen. Es liegt vielleicht daran, dass sie weniger networken als die Männer und sich weniger häufig dem Wettbewerb stellen. (S. 24 ff. Female Founders Monitor).
Interessant ist, dass die die meisten Gründerinnen und Gründer einen wirtschaftswissenschaftlichen Background haben. Betrachtet man nur die Frauen, gründen Absolventinnen der kreativen und geisteswissenschaftlichen Fächer am häufigsten. MINT-Absolventinnen machen hingegen nur einen Anteil 23,1 % der Gründerinnen aus (Im Vergleich: bei Gründern sind es 44,9 %) (S. 18 FFM). Ein Grund dafür wird auf Seite 6 des Female Founders Monitor genannt: „Frauen haben seltener einen technischen Studienhintergrund und sind auch daher in digitalen Branchen unterrepräsentiert.“ Die digitalen Branchen sind aber gerade jene, aus denen die meisten „Unicorns“ entspringen, für die die höchsten Fördersummen ausgeschrieben werden und in denen am Ende das meiste Geld verdient wird.
Blicken wir im Text nach oben noch einmal auf die beliebtesten Gründungsbranchen (eben gerade diejenigen, die mit Technik und Digitalisierung punkten) schließt sich wohl spätestens jetzt ein wenig der Kreis.
Summa summarum blicken wir auf ein erfolgreiches Start-up-Gründungs-Jahr 2020 und freuen uns auf den Austausch mit euch!
Quellen:
Deutscher Startup Monitor 2019
https://deutscherstartupmonitor.de/fileadmin/dsm/dsm-19/files/Deutscher_Start-Monitor_2019.pdf
KfW-Gründungsmonitor 2019
Female Founders Monitor 2019
https://deutscherstartupmonitor.de/fileadmin/ffm/ffm_2019/studie_ffm_2019.pdf
Gründeratlas Mainfranken 2019
DIHK Gründerreport 2019 https://mobil.wuerzburg.ihk.de/fileadmin/user_upload/pdf/Existenzgruendung/externe_Infos/2019_DIHK_Gru%CC%88nderreport.pdf
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