Luft- und Raumfahrttechnologie als Herzensangelegenheit
Weltraumgestützte Teleskope, Prototypentests im Luftfahrtbereich, E-Mobilität für Fluggeräte – das klingt nach Science Fiction, nach WissenschaftlerInnen in weißen Kitteln, die an Flugobjekten schrauben und nach „The Big Bang Theory“. Davon ist Elias Breunig nicht mal ein großer Fan, auch wenn er die Ingenieurs- und Physik-Jokes, die wir Laien nie so recht verstehen, ziemlich amüsant findet.
Flugzeugrumpf im TGZ
Dr. Ing. Elias Breunig ist das Mastermind hinter Breunig Aerospace. Er ist Luft- und Raumfahrt-Ingenieur, ausgebildet an der TU München. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit weltraumgestützten Teleskopen. 2017 gründete er Breunig Aerospace, wofür er allerdings nicht in München blieb, sondern „nach Hause“ kam, zunächst nach Ochsenfurt. Mittlerweile ist das Team dreiköpfig – Physikerin Dr. Rebekka Pfeuffer ist mit an Bord, genauso wie Informatiker Johannes Lutz, weitere Stellen sind in Planung – und hat seinen Sitz im Technologie- und Gründerzentrum Würzburg (TGZ). Praktisch ist, dass das Gründerzentrum nicht nur Büroräume zur Verfügung stellt, sondern auch Labor und Werkstattbereich anbietet. Außerdem liegt die Uni um die Ecke und das Zentrum für Telematik ist ebenfalls Mieter im TGZ, wo es von weiteren Akteuren zum Netzwerken wimmelt.
Kein klassisches Start-up
Breunig Aerospace bietet keine fertigen Produkte oder Dienstleistungen an, es gibt kein Portfolio, keinen Katalog für Kundschaft. Daher will Gründer Elias Breunig sein Unternehmen nicht als „klassisches Start-up“ definiert wissen.
„Unsere Stärke ist es, individuelle Problemlösungen für unsere Kunden zu finden.“
Dr. Elias Breunig
Trotzdem hegt er die Vision, mittelfristig mehr eigene Produkte anzubieten; doch zuerst soll sich Breunig Aerospace zu einer anerkannten Kompetenz entwickelt haben.
Immer wieder von Null anfangen
Ausgangspunkt der Gründung war, wie oben beschrieben, die Forschung an der Doktorarbeit. So machen Entwicklungs- und Simulationsdienstleistungen für weltraumgestützte Teleskope heute etwa die Hälfte der Umsätze aus. Es geht um Satelliten und Teleskope und jede Mission fängt bei Null an, weil neue Technologien und wissenschaftliche Ziele oft auch wieder neue Simulations- und Berechnungstools erfordern. Das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik unterstützte Breunig Aerospace beispielsweise beim Betrieb und Ausbau einer Testanlage für satellitengestützte Röntgenteleskope. Komponenten vieler Missionen kommen hier bereits Jahre bevor sie wirklich die Erde verlassen sollen in einen großen Vakuumtank und werden mit einem künstlichen Stern als Ziel getestet. Dafür braucht es verschiedene Messkonzepte und ein präzises Zusammenspiel aus Mechanik und Sensorik. Breunig Aerospace modernisierte hier zuletzt die Kontrollsoftware und liefert Konzepte für die nächste Ausbaustufe der Anlage.
„Was am Boden bleibt ist oft genauso komplex wie das, was in den Weltraum geschossen wird.“
Dr. Elias Breunig
Ein weiterer Arbeitsbereich ist die Bereitstellung von Automatisierungslösungen für Experimente oder Prototypentests. Hier berät Breunig Aerospace die Auftraggeber, wie eine Datenerfassung und Auswertung aussehen könnten oder erstellt ein vollständiges Konzept und leitet die Entwicklung.
Für einen gerade in Entwicklung befindlichen Hubschrauber wurde so z. B. die Vibrationsmessung in der Struktur bei verschiedenen Drehzahlen des Heckrotors auf einem Teststand realisiert. So etwas erfordert mehrere Messkampagnen, Bauteile müssen ausgetauscht, Daten ausgewertet und Berichte geschrieben werden.
Bei Autos in aller Munde, bei der manntragenden Luftfahrt (und damit sind eben nicht Drohnen gemeint) noch in den Kinderschuhen ist der Aspekt der Elektromobilität. Seit Ende 2018 gibt es dazu ein Kooperationsprojekt mit Herstellern und Zulieferern, um ein Flugzeug schlussendlich komplett elektrisch fliegen lassen zu können. Es sei ihm wichtig, sagt er, von den fossilen Brennstoffen wegzukommen und trotzdem bezahlbare Lösungen anzubieten.
„Wie mit der E-Mobilität auf der Straße wollen wir auch in der Luftfahrt in den nächsten 20 bis 30 Jahren eine vernünftige Perspektive schaffen.“
Dr. Elias Breunig
Potenzial nutzen. In Würzburg. Herzensangelegenheit.
Es war dem Ingenieur Elias Breunig klar, dass er als Gründer kleiner Brötchen backen würde, als er es bei großen Firmen in einer Anstellung hätte tun können. Er wollte jedoch mehr – in mehr als einem Thema Erfahrung und Know-how sammeln, mehr kleinere Projekte, dafür aber vollumfänglich bearbeiten, mehr Tiefe und mehr Nähe zu seiner Heimat.
Würzburg ist nicht München, doch ist die Digitalisierung und die Verkehrsanbindung sind hier bereits so weit fortgeschritten, dass er es nicht mehr als Nachteil ansah, sich in Mainfranken niederzulassen.
„Das Potenzial, dass es funktioniert und mir persönlich Freude bereitet, ist da. Für mich ist die Gründung von Breunig Aerospace eine von mehreren Optionen gewesen, aber gleichzeitig eine Herzensangelegenheit.“
Dr. Elias Breunig
Das merkt man – an der Qualität seiner Arbeit, die von hochrenommierten Institutionen und Firmen geschätzt wird, sowie an der Art und Weise, mit der er davon erzählt. Es ist ihm wichtig, etwas Neues beizutragen und seine Energie ganz dafür einzusetzen.
Und auch wir haben etwas gelernt, oder? Darüber, was ein Luft- und Raumfahrttechniker eigentlich machen kann und darüber, was für abgespacete Gründungen in Würzburg problemlos möglich sind.
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