Good Vibes am Start-up-Horizont
Es ist so weit: Am 12. Februar 2021 launchte das superinnovative Start-up aus dem Bereich der Nanostrukturphysik: die NanoStruct GmbH mit ihren vier Gesellschafter*innen Enno Krauss, Dr. Henriette Maaß (sie kennt ihr vielleicht schon aus diesem #fraugründet-Beitrag), Dr. Thien Anh Le und Kai Leibfried.
„Enno hat Henriette und mich angefragt, ob wir dazustoßen wollen. Kai, unser BWLer, kam drei Monate nach Projektstart dazu. Wir sind das Kernteam. Es gibt noch Prof. Bert Hecht, unseren wissenschaftlichen Mentor.“
Thien Anh Le
Die Akademiker*innen haben die bekannte Raman-Spektroskopie, mit der man kleinste Mengen von Stoffen und Substanzen sicht-, bzw. messbar machen kann, neu gedacht und einen Durchbruch geschafft, der Wissenschaft und Wirtschaft gleichermaßen bereichert.
Mit Mini-Antennen RNA erkennen
Angefangen hat alles schon 2012, als Enno Krauss in einer Gruppe an der Fakultät für Physik JMU mithilfe der Expertise von Prof. Dr. Bert Hecht an der Herstellung einzigartiger Antennen aus einkristallinem Gold arbeitete. Heute ist die Nachfrage nach der Entwicklung von NanoStruct bereits immens. Enno erklärt uns glücklicherweise alles so, dass auch Nicht-Techies mitkommen dürften:
In der Raman-Spektroskopie geht es um die Detektion von kleinsten Mengen von Stoffen, also Molekülen. Das können Sprengstoffe oder Wirkstoffe in Medikamenten sein oder auch – ganz aktuell – eine RNA eines Virus‘. „Beschießt“ man die mit einem Laser, zeigt das Spektrum den „Fingerabdruck“ der Moleküle. Vielleicht geht es euch wie uns und die physikalische Brachlandschaft in eurer Fantasie macht euch die Vorstellung schwer. Kein Problem, auch das erklärt Enno uns sehr anschaulich:
„Man kann sich das wie eine Gitarrensaite vorstellen: Wenn ich die anzupfe, hat jede einen ganz bestimmten Ton, was z. B. von der Dicke und der Länge abhängt. So hat auch jede Molekülschwingung eigene Charakteristika, mit der man sie eindeutig identifizieren kann.“
Enno Krauss
Ob mehr Ton oder Licht – das diskutieren Henriette (Team Licht) und Enno (Team Ton) wohl mit mehr Zeit noch aus; wir haben’s aber erstmal gecheckt: Die Moleküle senden ein Signal. Das wiederum ist extrem schwach und somit schlecht lesbar. Verstärken kann man dieses Signal mit optischen Antennen. Enno vergleicht sie mit Antennen, die wir von den Häuserdächern kennen, nur eben viel kleiner. Viel kleiner, kein Witz: wenige hundert Atome „groß“. Jetzt sind wir am Kern angekommen: Diese winzigen Antennen baut NanoStruct. Glücklicherweise hat Enno auch Nanostrukturtechnik studiert (wow!).
Also: Antenne aufstellen und losmessen? Logisch, da fehlt noch was. Die Substanzen, die man analysieren will, werden auf einen Chip gegeben, der das Licht verstärkt. Und dafür sorgen die Antennen aus einkristallinem Gold, die sich auf dem Chip befinden.
Antennen aus Gold: USP und Skalierbarkeit
Die Technik ist schon längst bekannt, erzählt Enno. Aber die Strukturen können noch nicht in der Qualität hergestellt werden, in der sie eigentlich benötigt werden, um zuverlässig zu funktionieren. Dafür müssen z. B. die Atome alle am richtigen Platz sitzen.
„Es hakt schon beim Ausgangsmaterial.“
Enno Krauss
Deswegen nimmt NanoStruct einkristallines Gold dafür, was überhaupt die Genauigkeit gewährleistet. Die Kernkompetenz des Teams liegt momentan in der Nanostrukturierung, doch könne er sich durchaus für die Zukunft auch vorstellen, die entsprechenden Messgeräte herzustellen.
„Unsere Planung ist flexibel; wenn wir alle Kapazitäten ausnutzen und unsere Markttests positiv ausfallen, wir das Team in drei Jahren wahrscheinlich aus acht bis zehn Leuten bestehen.“
Kai Leibfried
Des Weiteren entwickeln sie zurzeit eine Herstellungsmethode für die Antennen, die auf das Material abgestimmt ist und mit der man in großer Stückzahl produzieren kann. Natürlich hat Wirtschaftlichkeit oberste Priorität, damit das Start-up sich zukünftig weiterentwickeln kann.
Forschertrieb schließt das Gründen in Würzburg nicht aus
Von der Zukunft wieder zurück an die Uni, wo seinerzeit sowohl Enno als auch Prof. Hecht bemerkten, dass sich die Ergebnisse ihrer Forschungen gut auf dem Markt platzieren ließen; es folgten die ersten Verkäufe (von denen Enno immer noch höchstgradig begeistert berichtet).
Uns fiel in diesem Zusammenhang auf, dass wir bislang weniger Ausgründungen von der hiesigen Uni in Beiträgen vorstellten, als beispielsweise von der FHWS und haben nachgefragt, woran das liegen könnte.
„Fördermöglichkeiten an der Universität sind da. Ich denke aber, dass das Bewusstsein bei vielen, die hier arbeiten eher forschungslastig ist; die Forschung ist das Hauptziel.“ Enno
Kai könnte sich auch vorstellen, dass an der FH der Prozess dahin leaner, also schlanker sein könnte.
Lass dich gut beraten, bevor du beginnst …
Die „NanoStructs“ haben angefangen, sich ihre Kenntnisse bzgl. Fördermöglichkeiten beim SFT (Servicezentrum Forschung und Technologietransfer der Uni Würzburg ) aufzubauen.
„Ich war sehr überrascht, als ich davon gehört habe, was für gute Fördermöglichkeiten es gibt. Man muss keinen Sprung ins kalte Wasser wagen und alles selbst finanzieren.“
Enno Krauss
Kurz später kam das Team mit den Gründerzentren Würzburg in Kontakt, nahm an Veranstaltungen beispielsweise zum Projektmanagement teil und lernte schließlich auf der IHK-Gründermesse die Aktivsenioren Bayern e. V. kennen, die sie seitdem erfolgreich coachen und Dr. Gerhard Frank vom IGZ Würzburg.
„Mit Gerhard Frank sind wir im regen Austausch und er hat uns sehr viel ganz konkret unterstützt. Er war eine riesige Hilfe.“
Enno Krauss
… doch wenn du dich entschieden hast, handle sofort!
Mit seiner Unterstützung reichte das Team dann 2019 den Antrag auf einen begehrten „EXIST Forschungstransfer“ ein und konnte endlich im Oktober 2019 richtig durchstarten. Bevor ihr rechnet: Ja, 2012 bis 2019, das ist eine lange Zeit. Doch musste die Forschung auch wirklich ausgereift sein und auch locker flockig ein Patent angemeldet werden. Kenner*innen wissen: Das kostet Zeit!
„Bei Nanostruct hat mich von Anfang an nicht nur deren Technologie sondern vor allem das Team überzeugt. Eine super sympathische Truppe, mit sich ergänzenden Kompetenzen und umsetzungsstark auf ihrem Weg zu einem erfolgreichen Startup. Ich freue mich auf die weitere Begleitung des Teams“
Gerhard Frank
Aber jetzt geht’s so richtig ab und im Oktober bereichert NanoStruct aller Wahrscheinlichkeit die Räumlichkeiten des IGZ Würzburg mit ihrer Anwesenheit. Was Technik, Wissenschaft und Innovation angeht, ist das Gründerzentrum sehr gut aufgestellt: mit einem vollausgestatteten Chemielabor haben Enno, Henriette, Thien Anh und Kai alles, was sie zur Produktion benötigen.
Schwingende Moleküle für alle
Mithilfe dieses Messverfahrens könne beispielsweise Schadstoffe im Wasser, in medizinischen Mitteln oder in ganz anderen Substanzen nachgewiesen werden. Auch Sprengstoffe oder virulente mRNA kann so spezifiziert werden.
„Dadurch, dass es sehr viele Moleküle gibt, die charakteristische Schwingungen anzeigen, ist das Anwendungsspektrum breit gefächert.“
Enno Krauss
Daraus ergeben sich auch NanoStructs Hauptabnehmer, die Thien Anh näher spezifiziert: Zum einen die Wissenschaft, sowohl aus der Grundlagen- als auch Anwendungsforschung könnten künftig von den optischen Antennen profitieren. Resultierend daraus werden auch Analytiklabore, die dieses Messverfahren standardisiert anwenden, Interesse an NanoStruct bekunden. Eine große Gruppe ist auch die Industrie, genauer die Pharma- und Chemieindustrie. In der Wirkstoffentwicklung bei ersterer kann so z. B. nach störenden Nebenprodukten gesucht werden.
„Denkbar wäre es, ein Komplettpaket mit den Antennen und Messsystemen zu vermarkten“
Enno Krauss
Wir sind jetzt große Fans von Nanostrukturtechnologie, Physik und deren Ausgründungen geworden.
NanoStruct, wir hoffen, bald wieder mit euch in Kontakt zu kommen (beim Nobelpreis vielleicht?) und sind super gespannt, wie es weiter geht!
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